3. April 2023

Ist die Unionsmarke ‚BIG MAC‘ ernsthaft benutzt?

Dr. Dydra Donath - Rechtsanwältin

Rechtsanwältin | Fachanwältin
für Gewerblichen Rechtsschutz

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Man ist geneigt zu antworten: Ja, sicher, das ist doch der Burger von McDonald’s. Ja, das schon, aber so einfach ist die Sach- und Rechtslage dann doch nicht.

Eine Unionsmarke kann auf Antrag eines Dritten für verfallen erklärt werden, wenn sie nicht innerhalb von fünf Jahren, gerechnet von ihrer Eintragung an, für die Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist, ernsthaft in der Europäischen Union benutzt worden ist.

Wird eine Marke wegen mangelnder Benutzung angegriffen, muss der Markeninhaber Ort, Zeit, Umfang sowie Art und Weise der Benutzung seiner Marke für die Waren und Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist, nachweisen und zwar innerhalb der letzten fünf Jahre vor Stellung des Löschungsantrags, sofern zu diesem Zeitpunkt die Marke seit mindestens fünf Jahren eingetragen war.

Zum Sachverhalt

Die Unionsmarke Nr. 62 638 ‚BIG MAC‘ wurde am 1. April 1996 beim EUIPO angemeldet und am 22. Dezember 1998 eingetragen.

Am 11. April 2017 beantragte das irische Unternehmen Supermac’s (Holding) Ltd. gegenüber dem EUIPO den Verfall der Unions­wortmarke Nr. 62 638  ‚BIG MAC‘, da es der Ansicht war, dass die Unionsmarke für die mit ihr geschützten Waren und Dienstleistungen:

  • Speisen aus Fleisch-, Schweinefleisch-, Fisch- und Geflügelprodukten, Fleischsand­wiches, Fischsandwiches, Schweinefleischsandwiches, Hühnchensand­wiches, konser­viertes und gekochtes Obst und Gemüse, Eier, Käse, Milch, Milchzubereitungen, Pickles, Dessert (Klasse 29);
  • belegte Brote (Sandwiches), Sandwiches mit Fleisch, Sandwiches mit Schweinefleisch, Fischsandwiches. Geflügelsandwiches, Kleingebäck, Brot, Kuchen, Kekse, Schokolade, Kaffee, Kaffee-Ersatzmittel, Tee, Senf, Hafergrütze, feine Backwaren, Soßen, Würzmittel, Zucker (Klasse 30);
  • Dienstleistungen, die im Zusammenhang mit dem Betrieb und dem Franchising von Restaurants und anderen  Unternehmen und Einrichtungen, die Speisen und Getränke für den direkten Verzehr und für Drive-Through-Einrichtungen bereitstellen, erbracht werden oder damit im Zusammenhang stehen; Zubereitung von Speisen zum Mitnehmen; Projektierung solcher Restaurants, Etablissements und Einrichtungen für Dritte; Bauplanung und Bauberatung für Restaurants für Dritte (Klasse 42)

nicht ernsthaft benutzt worden sei.

Die Markeninhaberin musste daher die Benutzung ihrer Marke zwischen dem 11. April 2012 und dem 10. April 2017 nachweisen.

Die von ihr beim EUIPO eingereichten Unterlagen bestanden im Wesentlichen aus

  • eidesstattlichen Versicherungen von Vertretern / Beschäftigten der Markeninhaberin
  • Ausdrucken der Webseiten der Markeninhaberin sowie aus
  • einem Auszug des aus Wikipedia ersichtlichen Artikels über den „Big Mac“.

Entscheidung der Löschungsabteilung

Mit Entscheidung vom 11. Januar 2019 erklärte die Löschungsabteilung beim EUIPO die angefochtene Unionsmarke mit Wirkung zum 11. April 2017 in vollem Umfang für verfallen. Sie begründete ihre Entscheidung im Wesentlichen wie folgt:

  • Die von den Vertretern / Beschäftigten der Markeninhaberin abgegebenen eidesstattlichen Versicherungen haben eine geringere Beweiskraft als solche eidesstattliche Versicherungen, die von unabhängigen Dritten abgegeben werden. Auch die weiteren eingereichten Unterlagen seien nicht geeignet, die in den eidesstattlichen Versicherungen gemachten Angaben, wie etwa Verkaufs- und Umsatzzahlen, zu belegen.
  • Zwar würden sich die Benutzungsunterlagen zumindest auf einen Teil der mit der angegriffenen Marke geschützten Waren, wie etwa Sandwiches, beziehen, jedoch sei es der Inhaberin nicht gelungen, den Umfang der Benutzung der Marke in der EU hinreichend nachzuweisen.
  • Wikipedia-Einträge können für sich genommen nicht als verlässliche Informationsquellen angesehen werden, sofern sie nicht durch weitere unabhängige konkrete Beweismittel gestützt werden. Die vorgelegten weiteren Beweismittel gäben jedoch keinen hinreichenden Aufschluss über den Umfang der Benutzung.

Zusammenfassend stellte die Löschungsabteilung fest, dass die vorgelegten Benutzungs­unterlagen nicht ausreichen würden, um nachzuweisen, dass die mit der Unions­marke „BIG MAC“ gekennzeichneten Produkte tatsächlich zum Verkauf angeboten werden, da es keine Nachweise über tatsächliche Verkäufe gäbe, und zwar weder online noch über stationäre Geschäfte / Restaurants. Auch sei aus den vorgelegten Unterlagen nicht ersichtlich, dass die Unionsmarke für die geschützten Dienstleistungen der Klasse 42 benutzt worden sei. Mithin würde es bereits an dem erforderlichen Umfang einer ernsthaften Benutzung fehlen.

Beschwerde der Markeninhaberin

Am 8. März 2019 legte die Markeninhaberin Beschwerde gegen die Entscheidung der Löschungsabteilung ein und beantragte, die Entscheidung vollumfänglich aufzuheben.

Mit ihrer Beschwerdebegründung reichte die Markeninhaberin weitere Unterlagen zum Nachweis der Benutzung der Marke „BIG MAC“ ein, und zwar unter anderem die Folgenden:

  • Meinungsumfragen vom Februar / März 2019 für Deutschland, Frankreich und UK mit Informationen über die Bekanntheit bzw. Kenntnis der Bezeichnung „BIG MAC“ beim allgemeinen Verbraucher sowie bei den Verbrauchern in Deutschland, UK und in Frankreich, die Fast-Food Produkte konsumieren
  • Mehrere online-Zeitungs- und Zeitschriftenartikel über den sog. „Big Mac Index“
  • Fotos von Originalverpackungen, die im Zusammenhang mit dem „Big Mac“ Produkt in Deutschland, UK und in Frankreich in den Jahren 2012 bis 2017 verwendet wurden
  • Kopien von Rechnungsbelegen von McDonald’s Restaurants, die den Verkauf von „Big Mac“ Sandwiches in Deutschland, UK und in Frankreich von 2012 bis 2017 zeigen
  • Screenshots von Fernsehwerbespots, die während des relevanten Zeitraums von 2012 bis 2017 ausgestrahlt wurden, zusammen mit eidesstattlichen Versicherungen von Angestellten der Werbeagenturen, die die Werbespots erstellt hatten und / oder Sendezeiten für die Ausstrahlung der Spots von den Fernsehsendern gekauft hatten
  • Fotografien, die Werbeanzeigen aus dem Jahr 2016 an Bushaltestellen in UK zeigen, zusammen mit einer eidesstattlichen Erklärung, die von einem Mitarbeiter der Agentur, die die Anzeigen für die Markeninhaberin erstellt hatten
  • Fotos von Speisekarten, die in McDonald’s Restaurants in UK und in Deutschland von 2013 bis 2016 verwendet wurden.

Die Löschungsantragstellerin bestritt die Zulässigkeit der zusätzlich eingereichten Beweismittel. Sie machte unter anderem geltend, dass diese Beweismittel gänzlich neu seien und bereits der Löschungsabteilung hätten vorgelegt werden können.

Entscheidung der Vierten Beschwerdekammer

In ihrer Entscheidung vom 14. Dezember 2022 (siehe R0543/2019-4) gab die Vierte Beschwerdekammer der Beschwerde der Markeninhaberin teilweise statt und sah eine ernsthafte Benutzung der Marke „BIG MAC“ für

  • Speisen aus Fleisch- und Geflügelprodukten, Fleischsandwiches, Hühnchensandwiches (Klasse 29); belegte Brote (Sandwiches), Sandwiches mit Fleisch, Geflügelsandwiches (Klasse 30)

sowie für

  • Dienstleistungen, die im Zusammenhang mit dem Betrieb von Restaurants und anderen Unternehmen und Einrichtungen, die Speisen und Getränke für den direkten Verzehr und für Drive-Through-Einrichtungen bereitstellen, erbracht werden oder damit im Zusammenhang stehen; Zubereitung von Speisen zum Mitnehmen (Klasse 42)

als gegeben an. Unter Hinweis auf Art. 95 Abs. 2 UMV sowie auf Art. 27 Abs. 4 DVUM wies die Kammer darauf hin, dass die Voraussetzungen für die Berücksichtigung der von der Markeninhaberin mit ihrer Beschwerdebegründung vorgelegten weiteren Beweismittel erfüllt seien. Diese würden lediglich die bereits der Löschungsabteilung vorgelegten Beweismittel ergänzen, und die Benutzung der angegriffenen Marke betreffen.

Allerdings sah die Beschwerdekammer keine ernsthafte Benutzung für die weiteren mit der Unionsmarke „BIG MAC“ geschützten Waren:

  • Schweinefleisch-, Fisch- und Geflügelprodukte, Fischsandwiches, Schweine­fleisch­sand­wiches, konserviertes und gekochtes Obst und Gemüse, Eier, Käse, Milch, Milch­zubereitungen, Pickles, Desserts (Klasse 29);
  • Sandwiches mit Schweinefleisch, Fischsandwiches, Kleingebäck, Brot, Kuchen, Kekse, Schokolade, Kaffee, Kaffee-Ersatzmittel, Tee, Senf, Hafergrütze, feine Backwaren, Soßen, Würzmittel, Zucker (Klasse 30).

Der „BIG MAC“ werde von den Verbrauchern als das ultimative verzehrfertige Fastfood-Produkt, nämlich als fertiges Fleischsandwich angesehen. Aus den vorgelegten Unterlagen gehe jedoch nicht hervor, dass die allgemeinen Verbraucher bestimmte Zutaten, wie etwa Gemüse, Käse, Essiggurken, Brot, Soßen und Gewürze dem Unternehmen der Markeninhaberin zuordnen würden. Aus den Benutzungsunterlagen sei insbesondere nicht ersichtlich, dass die Markeninhaberin etwa „Big Mac Käse“, „BIG Mac Essiggurken“ oder „Big Mac Gewürze“ anbieten würde. Wenn Verbraucher derartige Zutaten kaufen möchten, dann würden sie eher in Lebensmittelgeschäfte gehen und nicht zu einem Fastfood-Anbieter.

Zudem sah die Kammer auch keine ernsthafte Benutzung der Marke „BIG MAC“ für die Dienstleistungen:

  • Betrieb von Franchising Restaurants, die Speisen und Getränke für den direkten Verzehr und für Drive-Through-Einrichtungen bereitstellen, erbracht werden oder damit im Zusammenhang stehen (Klasse 42)

als gegeben an.

Die Markeninhaberin habe es versäumt nachzuweisen, dass sie Franchise-Dienstleistungen anbietet. bewirbt oder auch tatsächlich erbringt. Insbesondere habe sie keine Franchise-Vereinbarungen, kein System zur Zahlung von Lizenzgebühren oder eine Liste von Franchise-Nehmern, kein Angebot von Franchise-Restaurants, keine Lizenzverträge über die Benutzung bestimmter gewerblicher Schutzrechte, sowie keinen Nachweis über das Geschäftsmodell oder ihre Unternehmensstruktur erbracht.

Auch habe die Markeninhaberin keine Benutzungsunterlagen hinsichtlich der weiteren Dienstleis­tungen der Unionsmarke „BIG MAC“, nämlich:

  • Projektierung solcher Restaurants, Etablissements und Einrichtungen für Dritte; Bauplanung und Bauberatung für Restaurants für Dritte (Klasse 42)

vorgelegt.

Fazit

Dieser Fall macht noch einmal deutlich, dass auch Unternehmen bekannter Marken die ernsthafte Benutzung ihrer Marken für die mit ihnen geschützten Waren und Dienstleistungen sorgfältig nachweisen müssen.

Zudem sollte auch darauf geachtet werden, eine Marke nur für die Waren oder Dienstleistungen anzumelden und eintragen zu lassen, für die sie auch tatsächlich benutzt werden soll. Auch sollte vor Anmeldung einer Marke bedacht werden, ob eine Marke nur für ein bestimmtes Endprodukt oder auch für bestimmte Unterkategorien, z.B.  – wie im vorliegenden Fall – auch für einzelne Zutaten des „Big Mac“ Sandwiches benutzt werden soll.

SuperMac’s (Holding) Ltd. hat im Februar 2023 Klage beim Gericht der Europäischen Union in Luxemburg gegen die Entscheidung der Vierten Beschwerdekammer erhoben (Rechtssache: T-58/23). Es bleibt nun abzuwarten, wie das Gericht die von der Markeninhaberin vorgelegten Benutzungs­unter­lagen beurteilen wird.