Fallstricke – Unterlassungserklärung
Rechtsanwältin | Fachanwältin
für Gewerblichen Rechtsschutz
1. Erlischt der Unterlassungsanspruch bereits mit Zugang einer vom Unterlassungsschuldner* abgegebenen strafbewehrten Unterlassungserklärung beim Gläubiger/ Markeninhaber?
Hat ein Dritter eine Marke verletzt, so steht dem Markeninhaber ein Unterlassungsanspruch gegenüber dem Verletzer zu. Die Markenverletzung begründet die tatsächliche Vermutung für das Vorliegen einer Wiederholungsgefahr. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann die Wiederholungsgefahr grundsätzlich entweder nur durch ein rechtskräftiges, mit einer Ordnungsmittelandrohung verbundenes Unterlassungsurteil oder durch eine ernst gemeinte, den Anspruchsgegenstand uneingeschränkt abdeckende, eindeutige und unwiderrufliche Unterlassungserklärung unter Übernahme einer angemessenen Vertragsstrafe für den Fall zukünftiger Zuwiderhandlung entfallen.
Nach der früheren Rechtsprechung des BGH führte allein der Zugang der strafbewehrten Unterlassungserklärung auch dann zum Wegfall der Wiederholungsgefahr, wenn der Gläubiger deren Annahme abgelehnt hat.
Mit Urteil vom 1. Dezember 2022 – I ZR 144/21 – Wegfall der Wiederholungsgefahr III – hat der BGH seine Rechtsprechung geändert:
Der endgültige Wegfall der Wiederholungsgefahr ist nunmehr von einem Willensakt des Gläubigers – nämlich der Annahme der strafbewehrten Unterlassungserklärung – abhängig. Lehnt hingegen der Gläubiger eine auf den Abschluss einer angemessenen Vertragsstrafevereinbarung gerichtete Unterlassungserklärung des Schuldners ab, scheitert der Abschluss des Unterlassungsvertrags und es fehlt ab diesem Zeitpunkt an der für den Wegfall der Wiederholungsgefahr erforderlichen Abschreckungswirkung durch eine (drohende) Vertragsstrafeverpflichtung.
Für den Fall, dass der Gläubiger in einem solchen Fall seinen Unterlassungsanspruch gerichtlich geltend macht, sollte der Beklagte (Schuldner) den Anspruch sofort anerkennen mit der Folge, dass der Kläger (Gläubiger) die Prozesskosten zu tragen hat (§ 93 ZPO). Der Unterlassungsgläubiger sollte daher sorgfältig prüfen, ob es nicht doch ratsamer ist, die strafbewehrte Unterlassungserklärung des Schuldners anzunehmen.
Um der Gefahr einer Mehrfachabmahnung durch Drittgläubiger und einer damit einhergehenden Belastung des Schuldners mit zusätzlichen Abmahnkosten zu entgehen, sollte der Schuldner, dessen strafbewehrte Unterlassungserklärung vom Erstgläubiger abgelehnt worden ist, sich unaufgefordert einem Dritten unterwerfen und mit diesem einen strafbewehrten Unterlassungsvertrag abschließen.
2. Reicht es aus, wenn der Schuldner die strafbewehrte Unterlassungserklärung nur als PDF Datei im Anhang einer E-Mail an den Gläubiger sendet oder muss die Erklärung beim Gläubiger im Original per Post eingehen?
Grundsätzlich besteht für eine Unter­lassungs­verpflichtungs­erklärung, die von einem Kaufmann im Rahmen seines Handelsgewerbes abgegeben wird, kein Schriftformerfordernis, siehe §§ 343, 350 HGB. Zudem hat sich im Geschäfts- und Rechtsverkehr die vom Gesetzgeber in § 126b BGB geregelte Textform durchgesetzt, für die bereits eine einfache E-Mail ausreicht (siehe BGH, Urteil v. 12.1.2023 – I ZR 49/22, Rdr. 23 – Unterwerfung durch PDF).
Verlangt jedoch der Gläubiger zusätzlich den Zugang der Erklärung im Original und somit die Einhaltung einer gewillkürten Schriftform (§§ 127 Abs. 1 in Verbindung mit 126 Abs. 1 BGB), übersendet jedoch der Schuldner die Erklärung nur als PDF im Anhang einer E-Mail an den Gläubiger und lehnt der Gläubiger daraufhin die Annahme der strafbewehrten Erklärung ab, entfällt in Anknüpfung an die neue Rechtsprechung des BGH (siehe oben unter Ziffer 1.) die Wiederholungsgefahr nicht. In einem solchen Fall muss der Schuldner vielmehr damit rechnen, dass der Gläubiger – erfolgreich – seinen Unterlassungsanspruch gerichtlich geltend macht.
Zur Vermeidung eines gerichtlichen Verfahrens sollte der Schuldner daher dem Verlangen des Gläubigers nach einer gewillkürten Schriftform für die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung unbedingt nachkommen.
*Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf die gleichzeitige Verwendung der Sprachformen männlich, weiblich und divers (m/w/d) verzichtet. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichermaßen für alle Geschlechter.