12. April 2023

Software für Webshops vs. Marketing für Influencer-Kampagnen

Dr. Dydra Donath - Rechtsanwältin

Rechtsanwältin | Fachanwältin
für Gewerblichen Rechtsschutz

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Die Klägerin ist ein Software-Unternehmen, das Programmierdienstleistungen für Kunden anbietet, die eine Webseite oder einen Shop aufbauen möchten, sowie für Kunden, die ihren digitalen Auftritt angepasst oder verändert haben wollen. Diese Seiten werden von der Klägerin auch gehostet und gewartet und die Unternehmen werden bei der Implementierung und Nutzung der Software unterstützt.

Die Klägerin ist Inhaberin der am 2.9.1998 angemeldeten und am 14.1.1999 unter der Registernummer 39850161 eingetragenen deutschen Marke ‚incca‘, die unter anderem für  „Software“ eingetragen ist. Aus der Gesamtschau mit den zudem ge­schützten Dienstleis­tungen der Klassen 38 und 42 und dem weiteren Vortrag der Klägerin ergab sich eine Spezifi­zierung der Ware „Software“ auf Online-Shops und Internetauftritten im Bereich e-Commerce und dem Zugriff auf Datennetze und Computerbanken.

Die Beklagte bewirbt unter der Bezeichnung  „INCA“ ihre Marketingdienstleistungen im Zusammenhang mit Influencer Marketing sowie eine sog. Plattform / Performance Tool für das Influencer Marketing. Im Rahmen dieser angebotenen Dienstleistungen wählt die Beklagte (analog) Influencer aus, die aus ihrer Marketingexperten-Sicht zu dem zu bewerbenden Produkt und zur Marke des Kunden passen. Dabei greift sie auf die Plattform nur insoweit zurück, als sie dem Kunden die in Betracht kommenden Influencer über die Plattform effizienter vorstellen kann. Des Weiteren kann der Kunde im Tool seine Auswahl treffen. Wenn die Auswahl getroffen ist, stellen die Influencer ihre Werbeideen und -inhalte vor, die die Beklagte (analog) sichtet und vorauswählt, und die dann wiederum mittels Plattform dem Kunden angezeigt und von diesem ausgewählt werden können. Daneben bietet das Tool Auswertungsmöglichkeiten, mit denen der Erfolg der Kampagne verfolgt werden kann.

Die Klägerin sah in dem Werbeauftritt der Beklagten unter der Verwendung des Zeichens ‚INCA‘ eine Verletzung ihrer Marken- und Firmennamensrechte an dem Zeichen ‚incca‘.

Die Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Zeichen „incca“ und „INCA“ war unstreitig. Allerdings hatte das zunächst angerufene Landgericht Köln eine Waren- und Dienstleistungs- bzw. Branchenähnlichkeit verneint und die Klage abgewiesen. Die Entscheidung wurde vom Oberlandesgericht (OLG) Köln bestätigt.

Dies Klägerin vertritt die Ansicht, dass aufgrund der erfolgten Bewerbung der Plattform / des Performance Tools, das dem technischen bzw. Software-Aspekt zugewiesen sei, der angesprochene Verkehr davon ausgehen werde, dass die Beklagte eine neue Methode unter Verwendung einer besonderen Software „INCA“ einführen will, bei der sie jedenfalls auch die Software als „INCA“ bezeichne.

Dies sah das OLG Köln – ebenso wie das LG Köln – anders

Gegen ein solches Verständnis spräche, dass der Verkehr ohne Weiteres erkenne, dass die Plattform / das Performance Tool als rein technisches Werkzeug nicht für sich stehe, sondern einen integralen Bestandteil der neuen Influencer-Marketing Methode der Beklagten darstelle. Die Plattform / das Performance Tool selbst werde den Kunden gerade nicht isoliert angeboten. Die Software könne nicht separat von der Beklagten erworben werden. Vielmehr stelle die Beklagte die Vorteile der Plattform nur dar, um die sich dadurch ergebenden Vorteile für die Durchführung der von ihr zu steuernden Marketing-Kampagnen hervorzuheben (siehe Rz. 85 der Entscheidung). Das Performance Tool stelle somit nur ein technisches Hilfsmittel dar.

Gegen das Verständnis der Klägerin würde auch sprechen, dass es unüblich sei, eine lediglich als technisches Hilfsmittel eingesetzte Software markenrechtlich zu kennzeichnen, wenn diese Software nicht auch eigenständige Bedeutung hat und isoliert vermarktet werden könne. Da im vorliegenden Fall die Plattform im Wesentlichen die Aufgabe habe, die Kommunikationswege zu vereinfachen und effizienter zu gestalten und sie ohne die Steuerungsinhalte, die analog erbracht werden und die die Beklagte bewirbt, keinen besonderen Nutzen aufweise, werde der Verkehr unter „INCA“ die Marketing-Lösung als Ganzes erwarten und nicht auch ein Kennzeichen für die zugrundeliegende Software verstehen.

Schließlich sei nicht jedes Angebot von Software ähnlich zu einem Angebot einer softwarebasierten Dienstleistung.

Ein Anspruch der Klägerin aus dem Unternehmenskennzeichen ‚incca‘ sei ebenfalls zu verneinen, da es auch insoweit an der für eine Verwechslungsgefahr erforderlichen Branchennähe fehle:

Für die Bestimmung der Branchennähe bzw. des Tätigkeitsbereichs komme es nicht entscheidend darauf an, dass der Inanspruchgenommene eine bestimmte Software benutze, wenn die Dienstleistungen, die er für seine Kunden erbringt und nicht die Mittel (hier die eingesetzte Software) im Vordergrund stehen, deren er sich bediene.

Entscheidend sei letztlich, dass die Beklagte keine Softwareprodukte vertreibe, sondern nur ihre Influencer-Marketing-Strategie anbiete. Das Angebot von Software­produkten für Online-Shops und Webauftritten einerseits und das Angebot der Steuerung von Influencer-Marketing-Kampagnen andererseits würden keine Berührungs­punkte aufweisen, die eine Branchennähe vermuten ließen.

Kommentar

Die Entscheidung des LG / OLG Köln ist zu begrüßen. Software­produkte werden in fast allen Geschäftsbereichen genutzt. Die Bejahung einer Ähnlichkeit zwischen der Software für eine Anwendung, die mit der angebotenen softwarebasierten Dienstleistung eines Dritten keine Berührungspunkte aufweist, würde eindeutig zu weit gehen, so dass in diesen Fällen von einer Waren- bzw. Dienstleistungsunähnlichkeit ausgegangen werden muss.