10. Oktober 2023

Birkenstock’s Bildmarke für Schuhsohlen nicht schutzfähig

Dr. Dydra Donath - Rechtsanwältin

Rechtsanwältin | Fachanwältin
für Gewerblichen Rechtsschutz

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Beschluss des BPatG vom 17.6. 2022 – 29 W (pat) 10/19 / Beschluss des BGH vom 23.2.023 – I ZB 55/22

Birkenstock hatte das nachstehende Zeichen

in schwarz-weiß am 29. März 2012 unter anderem für „Schuhwaren sowie Teile und Zubehör von Schuhwaren, nämlich…. Laufsohlen, Einlegesohlen, Schuh­bodenteile…“ (Klasse 25) als Bildmarke beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) angemeldet. Das Bildzeichen wurde auch zunächst am 31. Mai 2012 für diese Waren ins Markenregister unter der Nummer 30 2012 022 812 eingetragen.

Im Juli 2015 wurden von Seiten Dritter Anträge auf Löschung der Marke gestellt. Die Antragsteller hatten sich unter anderem darauf berufen, dass der eingetragenen Bildmarke „jegliche Unterscheidungskraft“ im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG fehlt. Mit Beschluss vom 19. Dezember 2018 hatte die Löschungsabteilung des DPMA die Löschungsanträge unter anderem für die vorgenannten Waren zurückgewiesen.

Die gegen diesen Beschluss des DPMA eingelegten Beschwerden der Antragsteller hatten größtenteils Erfolg und führten zur Löschung der Bildmarke unter anderem für die vorgenannten Waren.

Entscheidung des 29. Senats des Bundespatentgerichts

Der 29. Senat hat die Unterscheidungskraft der Bildmarke insbesondere für Schuhe und deren Sohlen verneint und hierzu unter anderem Folgendes ausgeführt:

Insbesondere in Bezug auf die vorgenannten Waren der Klasse 25 beschränke sich die Bildmarke nur auf die Darstellung eines üblichen dekorativen, ornamentalen Musters, das von den angesprochenen Verkehrskreisen nicht als betrieblicher Herkunftshinweis verstanden werde. Selbst wenn man – wie die Löschungsabteilung  angenommen hat – davon ausginge, dass es sich bei dem Bildzeichen um eine räumlich begrenzte, in sich abgeschlossene Bildmarke handeln würde, könne man in der Darstellung ein Muster erkennen, das großflächig nebeneinander gereiht auf der Oberfläche der Waren aufgebracht oder als einzelnes Quadrat dekorativ bzw.  als Applikation angebracht sein kann. Auch wenn die Kriterien für die Beurteilung der Unterscheidungskraft für alle Markenkategorien dieselben seien, sei zu berücksich­tigen, dass nicht jede Markenkategorie von den maßgeblichen Verkehrskreisen in der glei­chen Weise wahrgenommen werde. Dies gelte insbesondere dann, wenn das fragliche Zeichen mit dem äußeren Erscheinungsbild übereinstimme.

Der Senat wies auch darauf hin, dass zwar ein als Bildmarke angemeldetes oder eingetragenes Zeichen nicht allein mit der Begründung als bloßes Oberflächen­muster qualifiziert werden könne, dass es im Falle einer unendlichen Wiederholung wie eine Musterung wirke. Allerdings war der Senat der Ansicht, dass das ange­griffene Zeichen selbst aus einer sich wiederholenden Sequenz von Be­stand­teilen zusammengesetzt sei, so dass die Wahrscheinlichkeit bestehe, dass es nur als Oberflächenmuster verwendet werde. Daher werde das Zeichen von den angesprochenen Verkehrskreisen nur als deko­ratives Element, nicht aber als Produktkennzeichen aufgefasst werden.

Hierbei ge­nüge es, wenn die Verwendung als Oberflächenmuster „möglich und nicht wenig wahrscheinlich“ sei. Insbesondere hinsichtlich der u.a. in Rede stehenden Schuhwaren und deren Sohlen würde sich das in der angegriffenen Bildmarke dargestellte Muster als Dekoration eignen. Diese Waren könnten entweder großflächig mit einem solchen Muster versehen sein oder das Muster an bestimmten Stellen als Applikation aufweisen. Insoweit würden die maßgeblichen Verkehrskreise das Zeichen unmittelbar und ohne weiteres Nachdenken als Darstellung der fraglichen Waren  – somit als beschreibende Angabe – und nicht als Hinweis auf deren betriebliche Herkunft wahrnehmen. Auch wenn man das Bildzeichen nicht als „banal“ im eher abwertenden Sinne bezeichnen müsse, habe es jedoch keine so besondere Eigenart, dass der Verkehr es als Herkunftshinweis und nicht als – möglicherweise interessantes – Muster wahrnehmen würde.

Mit seiner Entscheidung hat sich das Bundespatentgericht im Ergebnis der Auffassung des EuGH mit Urteil vom 13. September 2018, Az.: C-26/17, angeschlossen, der über die Schutzfähigkeit des EU-Teils der internationalen Registrierung Nr. 1132742

von Birkenstock zu entscheiden hatte. Basismarke dieser internationalen Regi­strierung ist die oben genannte deutsche Marke Nr. 30 2012 022 812. Der EuGH war – ebenso wie bereits die Vorinstanzen  (siehe hierzu die Ent­scheidung der Ersten Beschwerdekammer beim EUIPO vom 15. Mai 2014, R 1952/2013-1 sowie das Urteil des Europäischen Gerichts vom 9. November 2016, Az. T-579/14),  der Ansicht, dass bei Zeichen, die aus einer sich wiederholenden Sequenz von Bestandteilen zusammen­gesetzt sind, die Wahrscheinlichkeit  bestehe als Oberflächenmuster verwendet zu werden und damit mit dem Erscheinungsbild der Ware „zu verschmelzen“. Bei derartigen Zei­chen würden die Verbraucher gewöhnlich nicht auf die betriebliche Her­kunft der Waren schließen. Einem solchen Zeichen käme nur dann Unter­schei­dungskraft zu, wenn dieses deutlich von der Norm oder der Branchen­üblichkeit abweichen würde. Ein solcher Fall sei hier jedoch nicht gegeben.

Das Bundespatentgericht hatte die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof (BGH) gegen seinen Beschluss nicht zugelassen. Im Rahmen der sog. zulassungsfreien Rechtsbeschwerde hatte Birkenstock die Verletzung rechtlichen Gehörs gerügt. Mit Beschluss vom 23. Februar 2023 wies der BGH die Rechtsbeschwerde als unbegründet ab. Der BGH führte hierzu aus, dass das Bundespatentgericht die Ausführungen von Birkenstock zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen habe. Dass das Bundespatentgericht letztlich zu einer anderen rechtlichen Beurteilung gelangt sei, verletze das rechtliche Gehör von Birkenstock jedoch nicht.

Kommentar

Dieser Fall zeigt, dass es nicht ganz leicht ist, ein Bildzeichen zur Eintragung zu bringen, das die Abbildung eines Musters aufweist und bei dem zumindest die Wahrscheinlichkeit besteht, dass es mit den zu schützenden Waren bzw. mit Teilen dieser Waren übereinstimmt oder – um beim Wortlaut des EuGH zu bleiben – mit diesen Waren „verschmilzt“.

Ein ähnliches „Schicksal“ wie das Bildzeichen von Birkenstock hat auch die EU-Bild-/Mustermarkenanmeldung Nr. 018206086

vom 6. März 2020 der Mercedes Benz Group erlitten. Die Markenanmeldung wurde vom EUIPO als nicht unterscheidungskräftig zurückgewiesen. Ebenso wie im Fall Birkenstock, blieb auch die von der Anmelderin gegen die Entscheidung des EUIPO eingelegte Beschwerde ohne Erfolg. Die Fünfte Beschwerdekammer war auch in diesem Fall der Ansicht, dass die angemeldete Marke mit dem Erscheinungsbild der durch sie zu kennzeichnenden Waren ver­schmelze. Da die Marke zudem nicht erheblich von der Norm oder der Branchen­üblichkeit abweiche, fehle ihr die für die Schutzfähigkeit erforderliche originäre Unterscheidungs­kraft. Diese Entscheidung wurde vom Europäischen Gericht mit Urteil vom 30. März 2022, Az. T-278/21, bestätigt.

Um eine Zurückweisung von Markenanmeldungen, die aus einem Muster bestehen, zu vermeiden, sollte entweder ein komplexes Muster gewählt werden, dass von dem Branchenüblichen deutlich abweicht, wie beispielsweise die folgende eingetragene Unionsmarke Nr. 018681485 zeigt:

Alternativ ist eine Mustermarke dann schutzfähig, wenn sie einen unterscheidungs­kräftigen Wortbestandteil, z.B.  einen Namen, enthält, wie etwa die nachstehend eingeblendete, eingetragene Unionsmarke Nr. 018745323 ‚GHERARDINI‘ veranschaulicht:

Die beiden vorstehend eingeblendeten eingetragenen Unionsmarken genießen unter anderem Schutz für Schuhwaren und Schuhsohlen.